Vergabe Fischereirecht im Bereich der Ulster in der Gemarkung Pferdsdorf/Röhn

Auszug aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom 23.04.21, S. 73 - 75.

Abgeordneter Bilay, DIE LINKE:
Vergabe Fischereirecht im Bereich der Ulster in der Gemarkung Pferdsdorf/Rhön
Die Ulster ist Gewässer I. Ordnung und ist damit in der Zuständigkeit des Landes. Nach Information des Fragestellers bestand im Bereich der Ulster in der Gemarkung Pferdsdorf/Rhön (Gemeinde Unterbreizbach/ Wartburgkreis) seit Jahrzehnten ein sogenanntes selbständiges Fischereirecht zugunsten der Gemeinde, welches die Fischergenossenschaft Ulstertal seit 1923 ausübt. Auf Grundlage des Thüringer Fischereigesetzes haben seit 1992 die Gemeinde Pferdsdorf bzw. Unterbreizbach (als Rechtsnachfolger) mehrfach Anträge beim Grundbuchamt, welches die Notwendigkeit der Eintragung selbstständiger Fischereirechte in das Grundbuch verneinte sowie bei der Oberen Fischereibehörde zur Eintragung des selbständigen Fischereirechts gestellt. Die Obere Fischereibehörde begründete die Nichtbearbeitung der Anträge mit dem Fehlen einer diesbezüglichen Verordnung. 2020 bestreitet das Land nunmehr das Vorhandensein des nachgefragten selbstständigen Fischereirechts zugunsten der Gemeinde Unterbreizbach und vergab dieses ohne Beteiligung der Gemeinde und der bisherigen Pächter in einem öffentlichen Verfahren.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Rechtsfolgen entstehen, wenn die Anträge der Gemeinde zur Gewährung eines selbstständigen Fischereirechts durch die Obere Fischereibehörde nicht bearbeitet werden?
2. Wurden die Gemeinde Unterbreizbach und die bisherigen Pächter der Fischereirechte bei der Vergabe beteiligt und falls ja, wie wurden sie beteiligt und falls nein, weshalb wurde auf eine derartige Beteiligung verzichtet?
3. Inwieweit hätten zunächst die bisherigen Fischereirechteausüber, die einen diesbezüglichen Vertrag mit der Gemeinde Unterbreizbach hatten, durch das Land als künftige Pächter des nachgefragten Fischereirechts angefragt werden müssen, und wie wird dies begründet?
4. Wer übt derzeit, für welche Zeitdauer, zu welchem Pachtpreis das nachgefragte Fischereirecht aus?

Vizepräsident Worm:
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Herr Staatssekretär Weil.

Weil, Staatssekretär:
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bilay beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Gegenstand des Antrags der Gemeinde war nicht die Gewährung eines selbstständigen Fischereirechts, sondern dessen Eintragung in das Fischereibuch gemäß § 5 Thüringer Fischereigesetz. Die Regelungen zur Anlegung des Fischereibuchs wurden mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Fischereigesetzes vom 14. Juni 2014 aufgehoben. Antragsteller auf Eintragungen von selbstständigen Fischereirechten in das Fischereibuch haben daraufhin eine Mitteilung erhalten, dass das Fischereibuch wegen nunmehr fehlender Ermächtigung nicht angelegt wird. Das Fortgelten von selbstständigen Fischereirechten wird durch § 4 Abs. 1 Thüringer Fischereigesetz geregelt. Hiernach bestehen selbstständige Fischereirechte fort, wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Thüringer Fischereigesetzes im Grundbuch oder im Fischereiregister eingetragen waren. Voraussetzung für die Eintragung eines selbstständigen Fischereirechts in das Fischereibuch wäre die Vorlage oben genannter Nachweise gewesen. Insofern entsteht aus der Nichtanlegung des Fischereibuchs keine Rechtsfolge für die seinerzeit gestellten Anträge. Im Zuge der Recherchen zur Verpachtung staatlicher Fischereirechte durch die Thüringer Landgesellschaft mbH, der die Verwaltung und Verpachtung staatlicher Fischereirechte per Geschäftsbesorgungsvertrag übertragen wurde, konnte die Gemeinde keine der im § 4 Abs. 1 Thüringer Fischereigesetz genannten Nachweise über das Fortbestehen von eventuell vormals geltenden selbstständigen Fischereirechten vorlegen. Folglich war davon auszugehen, dass ein ehemals existierendes selbstständiges Fischereirecht der Gemeinde heute nicht mehr besteht und damit der Freistaat Thüringen als Eigentümer der Flurstücke der Ulster in der Gemarkung Pferdsdorf/Rhön gemäß § 3 Thüringer Fischereigesetz Inhaberin des Eigentumsfischereirechtes ist.
Zu Frage 2: Die Verpachtung staatlicher Fischereirechte erfolgt gemäß Nummer 3.4 bis 3.8 der Verwaltungsvorschrift über die Verpachtung staatlicher Fischereirechte im Freistaat Thüringen vom 19. März 2011, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2015, auf dem Wege einer beschränkten Ausschreibung. Die Gemeinde zählt nicht zu dem dort genannten Bieterinnenkreis. Das ist auch so aufgrund der Regelung des § 12 Abs. 3 Thüringer Fischereigesetz, wonach juristische Personen, ausgenommen der dort genannten, Fischereirechte nur durch Verpachtung nutzen sollen. Eine Beteiligung des bisherigen Pächters war möglich, da dieser aufgrund der vorgenannten Regelung zum Bieterinnenkreis gehörte. Dies wurde dem örtlichen Angelverein mit dazu geführtem Schriftverkehr auch mitgeteilt.
Zu Frage 3: Die Übernahme von Fischereipachtverträgen infolge von Eigentumswechsel kann nur erfolgen, wenn die Geltungsdauer des Pachtvertrags noch nicht abgelaufen ist und wenn der Fischereipachtvertrag privatrechtlich wirksam zustande gekommen ist. Beides hat im vorliegenden Fall nicht zugetroffen. Zudem hatte es die Gemeinde versäumt, den Fischereipachtvertrag gemäß § 13 Abs. 4 Thüringer Fischereigesetz der unteren Fischereibehörde zur Genehmigung anzuzeigen, sodass dieser, auch wenn er seinerseits privatrechtlich wirksam zustande gekommen wäre, mangels öffentlich-rechtlicher Genehmigung nicht wirksam geworden wäre.
Zu Frage 4: Das Fischereirecht wird vom Angelverein Pferdsdorf/Rhön 1949 e. V. ausgeübt. Dieser hat im Ergebnis der beschränkten Ausschreibung zur Verpachtung des Fischereiausübungsrechts den Zuschlag erhalten. Der Fischereipachtvertrag hat eine Geltungsdauer von zwölf Jahren und vier Monaten und läuft am 31. Dezember 2032 aus. Der jährliche Pachtpreis beträgt 400 Euro, also 103,90 Euro pro Hektar. Vielen Dank.