Verloren gegangene Kindergartenplätze infolge von Gemeindezusammenschlüssen?

SaschaBilayMündliche Anfragen

Auszug aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom22.07.21, S. 91 - 93.

Abgeordneter Bilay, DIE LINKE:
Verloren gegangene Kindergartenplätze infolge von Gemeindezusammenschlüssen?
In den sozialen Netzwerken verbreitet die CDU-Landtagsfraktion Thüringen ein Video, in dem erklärt wird, in Thüringen seien in den letzten Jahren Gemeinden gegen ihren Willen gesetzlich zu Zusammenschlüssen gezwungen worden. Infolge dieser angeblichen Zwangsfusionen würde das kommunale Leben vor Ort zusammenbrechen. Als Beispiel wird benannt, dass es weniger Plätze in Kindergärten gebe.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welchen Fällen wurden seit dem Jahr 2014 Gemeindeneugliederungsmaßnahmen gegen den Willen der betroffenen Gemeinden vollzogen?
2. In welchen Fällen wurden seit dem Jahr 2014 Plätze in Kindergärten abgebaut, die auf zwangsweise durchgeführte Gemeindeneugliederungsmaßnahmen zurückzuführen sind?
3. Welche Anhaltspunkte liegen der Landesregierung darüber vor, dass in Gemeinden das kulturelle, soziale, sportliche oder sonstige gemeindliche Leben infolge einer Neugliederungsmaßnahme nachhaltig eingeschränkt ist?

Vizepräsident Worm:
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Frau Staatssekretärin Schenk.

Schenk, Staatssekretärin:
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bilay beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Gemeindeneugliederungen können in Form von Gebiets- oder Bestandsänderungen erfolgen, und zwar nach § 9 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung. Mit Gebietsänderung werden nur die Grenzen von Gemeinden angepasst. Im Falle von Bestandsänderungen werden Gemeinden aufgelöst und zu neuen Gemeinden zusammengeschlossen oder in andere Gemeinden eingegliedert. Seit dem Jahr 2014 wurden in keinem Fall Gebiets- oder Bestandsänderungen gegen den Willen der hiervon betroffenen Gemeinden vollzogen. Die drei seit dem Jahr 2014 verabschiedeten Gemeindeneugliederungsgesetze enthielten nach Maßgabe des Freiwilligkeitsprinzips ausschließlich Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden, die ihre Neugliederung zuvor beantragt und entsprechende Neugliederungsbeschlüsse vorgelegt hatten.
Zu Frage 2: Hierzu verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Seit dem Jahr 2014 haben keine zwangsweise durchgeführten Gemeindeneugliederungen stattgefunden. Der Landesregierung liegen jedenfalls keine Erkenntnisse vor, dass Gemeindeneugliederungen zur Beseitigung von Plätzen in Kindertageseinrichtungen geführt haben. Insbesondere ist aus keiner Gemeinde eine Meldung über einen solchen Rückgang eingegangen.
Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass es infolge der seit dem Jahr 2014 umgesetzten freiwilligen Gemeindeneugliederungen zu Fällen einer nachhaltigen Einschränkung des kulturellen, sozialen, sportlichen oder sonstigen gemeindlichen Lebens gekommen ist. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vizepräsident Worm:
Vielen Dank. Gibt es Nachfragen? Jawohl.

Abgeordneter Bilay, DIE LINKE:
Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die Antworten. Ihren Ausführungen entnehme ich, dass es offensichtlich unwahr ist, was von der CDU-Landtagsfraktion über deren Kanäle verbreitet wird. Wir machen hier ja keinen amerikanischen Präsidentenwahlkampf, aber die Verbreitung von Fake News gehört offensichtlich nicht zu dem, was uns miteinander verbindet. Wie gedenkt denn die Landesregierung, dagegen vorzugehen, dass solche offensichtlich wahrheitswidrigen Aussagen durch die CDU-Landtagsfraktion verbreitet werden?

Schenk, Staatssekretärin:
Ich denke, die Landesregierung beantwortet die Fragen hinreichend klar. Zudem führt ja auch die regelmäßige Berichterstattung im relevanten Ausschuss dazu, dass klar ist, welche Gemeindeneugliederungen stattgefunden haben. Wir laden natürlich alle Abgeordneten ein, die Gliederungsgesetze und jeweils vorkommende Schwierigkeiten direkt zu melden. Insofern würde ich Ihnen zustimmen, wir befinden uns hier weder beim Wahlkampf in Amerika, noch ist es aus meiner Sicht geboten, weitere Neugliederungsbestrebungen unter diesen Duktus des scheinbaren Wegfalls von anderen Einrichtungen und dergleichen zu stellen. Wir erarbeiten ja gegenwärtig eine Fibel, die die ganzen Praxiserfahrungen der Kommunen zusammenträgt und ich denke, aus der wird sich auch noch mal stichhaltig ergeben, dass es keinerlei geschlossene Einrichtungen oder dergleichen gibt, die direkt auf die Zusammenschlüsse zurückzuführen sind.

(Beifall DIE LINKE)